Ursus & Nadeschkin

Tagebuch

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08.02.2015

Potz Holzöpfel und Zipfelkappe!

Potz Holzöpfel und Zipfelkappe!

BLICK ONLINE vom 08.02.2015

Gestern Abend nach der «Tagesschau»: Ein TV-Moment, der sich ins Gedächtnis einprägen wird. Nadja Sieger vom Duo Ursus & Nadeschkin gesteht Jörg Schneider zum 80. Geburtstag ihre grosse Liebe.

Ohne Tri-Tra-Tralla, falschen Pathos und grosse Worte. Die beiden sitzen einander zuhause in Schneiders Wohnung gegenüber – er im Rollstuhl, sie herzergreifend authentisch neben ihm. Auf Augenhöhe.
Vergessen scheinen der Krebs, die Schmerzen, die Angst vor den kommenden Wochen und Monaten. Für zehn viel zu kurze Minuten. Die beiden reden so authentisch miteinander, wie man es selten am Fernsehen erlebt. Die quirlige Präzisions-Anarchistin kramt einen grossen Stapel alter Kasperli-Schallplatten aus einer Tasche. Sie sei jetzt auch schon über 40 Jahre alt und hätte eigentlich genügend Zeit gehabt, die Dinger wegzuwerfen, doch sie habe sie alle noch, sagt sie stolz. Und jetzt höre sie sich ihre 4-jährige Tochter an. Man sieht die buntbemalten Covers der Platten und ist gerührt. Denn jeder von uns hielt sie oft in der Hand, während man zitternd vor Angst den Abenteuern des Kasperli lauschte.
Man spürt die Zuneigung
Man spürte Nadja Siegers Zuneigung, ihre Bewunderung für den Volksschauspieler. Und wir denken uns: Jörg Schneider wird nicht sterben, er ist noch so bei uns. Hier lacht kein trauriger Clown.
Zuvor konnte man sehen, wie das Duo Ursus & Nadeschkin anlässlich der Aufführung ihres Konzertheater-Stücks «Im Orchester graben» ihre Dankesblumen an Jörg Schneider weiter reichen, der im Rollstuhl und mit schütterem Haar den Abend in der Zürcher Tonhalle verfolgte. Und vor Freude ein paar Tränen vergiesst. Nadeschkin zeigte Schneider auch ein Foto, das ihn als Clown mit einem Hund im Jahre 1975 zeigt. Es sei ihr erstes Stück gewesen, das sie als Kind gesehen habe. Da habe sie gewusst, dass sie später auch Clown werden möchte. Ein viertel Jahrhundert später stand sie mit einem Hund in der Manege des Circus Knie. Voller Poesie erzählt sie all diese Dinge. Ach wie schön.

Da zeigt eine Künstlerin ihre Bewunderung für einen begnadeten Bühnenschauspieler, der vom Feuilleton stets stiefmütterlich behandelt wurde, obwohl er auch in ernsten Rollen – jetzt gerade in Paul Rinikers Film «Usfahrt Oerlike» als Charakterkopf brillierte. (...)

Text: Peter Padrutt
Bild: Jörg Schneider als Ringgi mit Hund Zofi ca 1975

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