Ursus & Nadeschkin

Tagebuch

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31.08.2012

© Die Weltwoche «Die besten Komiker der Schweiz»

© Die Weltwoche «Die besten Komiker der Schweiz»

© Die Weltwoche 30.08.2012
Von Rico Bandle

DIE BESTEN KOMIKER DER SCHWEIZ

Sie sind das seltsamste und erfolgreichste Bühnenpaar des Landes. Über 1,8 Millionen Zuschauer haben Ursus und Nadeschkin in den letzten 25 Jahren angelockt, ein Mehrfaches davon sah sie in TV-Shows bei Harald Schmidt oder Stefan Raab. Wie schaffen sie das?

Und dann war sie weg, die erste Locke. Und dann noch eine. Und noch eine. Plötzlich sass Nadja Sieger, so heisst Nadeschkin mit bürgerlichem Namen, mit Kurzhaarschnitt vor dem Spiegel. Das Markenzeichen des Komiker­duos, Siegers blonde Rasta-Frisur, war nicht mehr da. Aber doch nicht verschwunden: Die sorgfältig abgetrennten Filzlocken wurden fein säuberlich aufbewahrt, eine Maskenbildnerin knüpfte daraus eine Perücke. Das war 2006. Seither ist die Perücke im Einsatz.

Nadeschkins Frisur, dieser «ästhetische Knockout» (NZZ am Sonntag), ist der Kristallisationspunkt jeglicher Auseinandersetzung um diese eigenartigen Spassmacher mit dem fast beängstigenden Erfolg. Sie ist ein Überbleibsel aus der alternativ angehauchten Artistikszene, aus der die beiden herkommen; das verfilzte Haar ist dermassen unglamourös, dass immer mal wieder Leute angeekelt die Nase rümpfen, wenn von den Komikern die Rede ist. Solche Reaktionen waren mit ein Grund, weshalb Sieger es aus ihrem Privat­leben verbannen wollte. «Ich hatte die Schnauze voll von der Diskussion um meine Dreadlocks», sagt sie. Dass das Duo auf der Bühne trotzdem an der Portion Nudeln auf Nadeschkins Kopf festhält, ist nur konsequent: ­Nadeschkin ohne Rasta-Locken, das ist, wie wenn bei Dick und Doof der Dicke plötzlich dünn wäre.

Dass Ursus und Nadeschkin mit ihrer Art auch auf Ablehnung stossen, braucht sie nicht zu kümmern: Gute Komik polarisiert immer. Ohnehin haben die beiden mehr Freunde als Gegner. Das Erstaunlichste an ihrem Erfolg: Er ist nicht an ein bestimmtes Milieu gebunden. Das Duo ist bei der linken Kulturschickeria ebenso populär wie beim bürgerlich dominierten ländlichen Mittelstand: Die beiden füllen problemlos das Zürcher Schauspielhaus wie auch jeden Dorfsaal; beim Kultursender 3sat sind sie ebenso willkommen wie bei Stefan Raab auf Pro Sieben, bei Beni Thurnheer ebenso wie bei Harald Schmidt. 1,83 Millionen Zuschauer haben sie gemäss eigenen Angaben in den letzten 25 Jahren in die Säle gelockt. Bei den 2652 Vorstellungen spielten sie im Durchschnitt vor 690 Personen – eine beeindruckende Bilanz, auch wenn die Saison im Circus Knie einen grossen Anteil daran hatte.

Der alte Schweizer Komplex
25 Jahre – bei einer Ehe bedeutet das die silberne Hochzeit. Nadja Sieger und Urs Wehrli waren privat nie ein Paar. Eher eine Schicksals­gemeinschaft. Als sie sich 1987 in Wiesbaden in einem Zirkuslager kennenlernten, fanden sie nicht zusammen, weil sie sich besonders sympathisch gefunden hätten, sondern weil sie mit den andern Teilnehmern nichts anfangen konnten. Anstatt mit jener sonderbaren Gruppe ­Akrobatikübungen zu machen, packten Sieger und Wehrli ihre Jonglierkeulen, setzten Clownnasen auf und machten im Stadtzen­trum eine Strassenshow: Der Grundstein für eine beispiellose Karriere war gelegt.

Die ersten zehn Jahre spielten die beiden, von der breiten Öffentlichkeit unbeachtet, in Kleintheatern, machten Clownkurse für Kinder und Familienvorführungen. «Dass sie so lange durchgehalten und sich unter schwie­rigen Bedingungen durchgebissen haben, zeichnet die beiden aus», sagt Regisseur Tom Ryser, der schon seit 23 Jahren mit dem Duo zusammenarbeitet. Wie so viele Schweizer Künstler brauchten Ursus und Nadeschkin das Ausland, um in der Heimat ernst genommen zu werden. 1995 spielten sie zwei Monate lang vor ausverkauftem Haus in einem Berliner Kleintheater. Publikum und Presse waren begeistert. «Wir kamen zurück mit grossartigen Kritiken aus der Zeit, der Süddeutschen und anderen deutschen Zeitungen – und plötzlich waren wir auch für die Schweiz interessant», sagt Wehrli. Der alte Schweizer Komplex, dass nur, was im Ausland Erfolg hat, auch wirklich gut ist, machen sie sich seither gezielt zunutze. So verkündeten sie im Jahr 2000 stolz, den New Yorker Fringe Award gewonnen zu haben. In kaum einem Zeitungsartikel über die beiden fehlte fortan eine Erwähnung dieser Auszeichnung. Den Preis gibt es zwar tatsächlich, er ist aber dermassen unbedeutend, dass selbst viele Szene-Insider aus den USA noch nie von dessen Existenz gehört haben. Das kümmert niemanden. Dass 1997 das Schweizer Fernsehen in der Nachrichtensendung «10 vor 10» von ­einem angeblich grossen Erfolg des Schweizer Duos in New York berichtete, obwohl es damals bloss in einem Minitheater mit 99 Plätzen spielte, amüsiert die beiden noch heute. «Aber solche Beiträge haben uns extrem geholfen», sagt Sieger.

Dennoch, der Erfolg ist keineswegs ertrogen. Abgesehen von ästhetischen Gesichtspunkten, die durchaus anfechtbar sind, handwerklich sind Ursus und Nadeschkin schlicht die besten Komiker der Schweiz: Insbesondere das Timing – das wichtigste Element in der Komik – ist bei ihnen nahezu perfekt. Die Pointen fallen Schlag auf Schlag, auch in den ruhigen Phasen flacht die Spannung zwischen den Figuren nie ab. Die beiden sind Perfektionisten, einzelne ­Elemente ihrer neuen Programme spielen sie bereits Monate vor der Premiere einem Testpublikum vor, um dann die Nummern laufend zu optimieren. Rund zwanzig Wochen lang, verteilt auf ein bis zwei Jahre, ­arbeiten sie mit ihrem Regisseur an neuen Programmen. Zum Vergleich: Ein Schauspielhaus probt lediglich fünf Wochen für eine Produktion, allerdings ist dort der Stücktext bereits vorhanden.

Obschon Ursus und Nadeschkin die rote ­Nase längst abgelegt haben, ihre Figurenkonstellation bleibt – wie bei Laurel und Hardy (Dick und Doof) – nahe an der klassischen Clownerie: Ursus entspricht dem eher vernünftigen Weissclown, Nadeschkin dem gewitzten August, der dem Weissclown auf der Nase herumtanzt. Hinzu kommt ihre für Schweizer untypische verbale Schlagfertigkeit. In ihren abendfüllenden Programmen brechen die beiden zwar immer wieder aus dieser klassischen Figurenkonstellation aus; sie lieben es, ihre Rollen auch einmal zu tauschen. Dass sie unterschiedlichen Geschlechts sind, begrenzt allerdings den Spielraum. «Ich darf so viel austeilen, wie ich möchte, Ursus aber nicht. Denn eine Frau greift man nicht an, schon gar nicht physisch, das findet niemand lustig», sagt Sieger. Sie fühlt sich zu Unrecht bevorzugt. Dass aus diesem realen Unbehagen eine komische Nummer für das neue Programm entstanden ist, passt zur Vorgehensweise der beiden Künstler.

Auf dem höchsten Cervelat-Zipfel
So asexuell und burschikos die Figur der ­Nadeschkin auch daherkommt, die ganzen Gender-Erwartungen treffen sie dennoch. 2002, die beiden hatten sich durch die Tournee mit dem Circus Knie endgültig auf dem höchsten Cervelat-Zipfel der Schweizer Prominenz etabliert, bildeten die Klatschblätter häufig nur Sieger ab. «Zum Teil schnitten sie Ursus einfach aus Fotos raus», sagt Nadeschkin, die sich über den Frauenbonus ärgert. Heute, da beide, Wehrli mit seinen «Kunst aufräumen»-Büchern und Sieger als Schauspielerin in Schweizer Spielfilmen, auch eigenen Projekten nachgehen, hat sich dieses Problem weitgehend entschärft.

Können Mann und Frau so eng zusammen sein, ohne dass Sex irgendwann dazwischenkommt? Sieger und Wehrli scheinen der Gegenbeweis zu Harry und Sally aus der berühmten Liebeskomödie von Rob Reiner zu sein, wo die sexuelle Anziehung am Schluss doch siegt. «Als 17-Jähriger, als ich Nadja in Wiesbaden kennenlernte, da denkt man schon an Sex – aber doch nicht gleich mit allen Frauen», sagt Wehrli. Für Sieger stand zu jenem Zeitpunkt eine Beziehung ohnehin nicht zur Diskussion. «Ich dachte damals nur an meine Leidenschaft, die künstlerische Arbeit», sagt sie. Heute haben beide unabhängig voneinander eine Familie mit Kindern. Die Absenz jeglicher sexueller Anziehung dürfte mit ein Grund sein, dass sie so lange zusammenarbeiten konnten. Ein anderer liegt in ihrer Einstellung, die sich jedes Ehepaar zum Vorbild nehmen könnte. «Wenn es schlecht läuft, so packt uns der Ehrgeiz, dass es wieder gut kommt. Und wenn’s wieder gut läuft, so gibt es keinen Grund zur Trennung mehr», sagt Wehrli. «Es stand immer mal wieder zur Debatte aufzu­hören. Aber ich glaube, wir werden im Altersheim noch zusammen sein.» Nicht nur sich selbst, auch ihrem Umfeld sind die beiden treu: Seit über zwanzig Jahren arbeiten sie mit demselben Regisseur und derselben Agentin (Bea Marty) zusammen.

Ihre Geisteshaltung ist von schweizerischer Zurückhaltung und Bescheidenheit geprägt: Wehrli lebt trotz des grossen Erfolgs noch ­immer in einer Zürcher Genossenschaftssiedlung mit Gemeinschaftsräumen; Sieger ist froh, dass sie ohne die Rasta-Frisur auf der Strasse nicht mehr erkannt wird. Als Sieger mit Viktor ­Giacobbo liiert war, erschien sie immer zehn Minuten zu spät zu den Premieren, um den Fotografen auszuweichen. Zudem verzichten die beiden freiwillig auf viel Geld, indem sie Auftritte an Firmenanlässen ablehnen: ein ­lukratives Geschäft, wo Bekanntheiten wie sie für einen halbstündigen Auftritt gut und gerne eine fünfstellige Summe verlangen können.

Nächste Woche haben Ursus und Nadeschkin im Casinotheater mit ihrem neuen Stück «Sechsminuten» Premiere. Die «perfekte Show» wollen sie in den sechs Minuten machen. Dass eine grossmundige Ankündigung bei Clowns immer ins Desaster führt, liegt in der Natur der Sache. Dass die Protagonisten über viele Umwege am Schluss trotzdem irgendwie reüssieren, ebenso. Über alles dazwischen kann man sich bei Ursus und Nadeschkin nie sicher sein.

Ursus & Nadeschkin: Sechsminuten. 5. bis 22. September, Casinotheater Winterthur. Anschliessend gehen sie auf Schweizer Tournee.

30.08.2012

nur noch 6 Tage

nur noch 6 Tage

Der Countdown läuft. Jetzt sind's nur noch 6 Tage bis zur Première und wenn man unserem Tom wärend der Stückkritik so zuschaut, wird's deutlich: Es gibt noch soooo viel zu tun!

Dass man bei Erarbeiten eines neuen Stücks immer das Gefühl hat, damit nie fertig zu werden, ist normal. Das war schon immer so, und wir wissen das auch. Nur ist es eben auch immer so, dass man vergisst, dass es immer so ist, und es dann erst wieder merkt, wenn's wieder passiert.

26.08.2012

Lachende Crew in der Nacht

Lachende Crew in der Nacht

Unsere lachende, entspannte und v.a. müde Crew nach der 4. Try Out Vorstellung, am frühen Sonntag Morgen um 0:30 Uhr...

24.08.2012

Rauchende Köpfe

Rauchende Köpfe

In traumhafter Umgebung proben und feilen wir an endlos langen Tagen an unseren abendfüllenden SECHSMINUTEN herum.
Um 20:15 Uhr kommt dann das Publikum, und erlebt die einmalige Stückversion von heute.
Und weil wir tagtäglich unser Stück umbauen und ändern, kommt auch unsere Backstage Crew genauso so ins Schwitzen wie wir.

Ein Glück sind wir im «Chössi» umgeben von Natur pur - einer unschlagbaren Ruhe, proben in diesem schönen, kleinen Theaterhaus und werden veranstaltet von einem absolut lieben Gastgeberteam.
Nur wer ganz genau auf's Foto schaut, sieht wie hier nicht nur Zigaretten, sondern auch alle Köpfe rauchen!
Noch gibt es richtig viel zu tun!
Noch sind's knapp 12 Tage bis zur Première, also ca. 288 Stunden, bezw. geschätzte 17'280 Minuten...

v.l.n.r. Gerrit (Technik), Corina (Stagehand) und Tom (Regie) - kurz vor der 3. Werkstatt-Vorstellung

21.08.2012

Die täglich neue Stückversion

Die täglich neue Stückversion

Weil all unser Bühnenmaterial bereits am neuen Spielort angelangt ist, sind nun drei Tage Text- und Tischproben ohne Requisiten angesagt. Wir schreiben um, wir däiten öp, wir schleifen an Dialogen und zappen uns durch Videomaterial der Testvorstellungen von letzter Woche. Hier Tom und Nadja im leeren Bühnenraum vom Casinotheater Winterthur, der so leer eigentlich gar nicht ist.