Ursus & Nadeschkin

Tagebuch

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11.06.2005

Eine kleine Einreise nach Europa! (bezw. Ulm..)

Eine kleine Einreise nach Europa! (bezw. Ulm..)

Eine kleine Einreise nach Europa

«Ihre Papiere bitte?» sagt der Mann in österreichischer Uniform, kontrolliert unsere Identitäten und schaut dann aufs Hündchen. Natürlich hab ich auch hierfür den passenden Pass, d.h. den hab ich nicht mehr, denn der wurde dem Tier neu als Computer-Chip direkt ins Ohr operiert. - aber das Impfbüchlein, das hab ich, und präsentiere es stolz. Ich habe tatsächlich an alles gedacht, sogar ein Hunde- GA hätte ich zum Zeigen, aber das will der nicht sehen, der Zollwächter.
«Wir haben ein Problem,» sagt er: «die Tollwutimpfung ist abgelaufen!» «Das tut mir leid,» sage ich, und «dass das nicht sehr lange her sein kann.» «Das ist egal,» sagt wiederum er, und ich, «wie meinen sie das?».
«Sie müssen in Bregenz raus, und mit dem Tier und dem nächsten Zug zurück in die Schweiz!» «Das geht leider nicht,» erkläre ich freundlich, «denn wir sind Künstler und haben heute eine Vorstellung in Ulm, für 800 Zuschauer.» «Das interessiert mich nicht,» meint die Autorität, und bekommt immer mehr Druck, durch alle Blicke, die im Zug unser Problem verfolgen. «Wir könnten durchaus in Bregenz statt in Lindau umsteigen» schlägt jetzt Urs vorsichtig vor, «dort hätten wir 20 Minuten Zeit, um das Hündli in ein Taxi in die Schweiz zu setzen.» «Das ist nicht erlaubt,» bremst uns die Order, «Sie müssen mit dem Tier an der Leine zurück!» Gerade will ich nach einer anderen Möglichkeit fragen, da folgt ein allzu deutliches«Nein!!!»
«Warum schreien sie uns an, wir sind keine Verbrecher!» sagt Urs, jetzt leicht genervt. «Halten Sie sich da raus, sonst nehme ich Sie fest, wegen Amtsbeleidigung!» «Ich beleidige Sie nicht, ich reg mich nur auf! Oder gibt es hier in Österreich keine Meinungsfreiheit?» «Noch ein freches Wort...!» Sein Wächterkollege ist zur Verstärkung näher getreten, nickt und mimt das perfekte Beamtenecho:«Jawoll!»
Die Situation steigert sich zur tatsächlichen Grenzerfahrung, und so werden wir in Bregenz zum Aussteigen gezwungen.

Ich lande im Befragungszimmer, der Hund darf mit, nur Urs muss, wegen schlechtem Benehmen, Draussen warten. Drinnen höre ich mich weitere 5 lange Minuten betteln, dann gebe ich auf. Die traurige Erkenntnis darüber, dass sich im Machtkampf zwischen Gesetz und Menschenverstand zwei Wächter nicht helfen, sondern nur gegenseitig bewachen, scheint mir jetzt deutlich ins Gesicht geschrieben. Ich betrachte mein kleines Tier, das bei all dem Terror, so fern von jeder Tollwut friedlich in seiner Tasche sitzt, und doch Grund genug ist, dass eine Vorstellung im ausverkauften Theaterzelt nicht statt finden kann. Unvorstellbar!
Dann folgt das Urteil: «Sie gehen jetzt sofort mit Ihrem Hund auf Bahnsteig 5. Dort nehmen Sie den 11:42 Zug, und wie Sie von dort aus weiterkommen, interessiert uns nicht!»
«Bahnsteig 5?» fragt draussen Urs, «da müssen wir ja sowieso hin! Das ist unser Zug! Unser Anschluss nach Ulm! Wie hast Du das geschafft?»
«Da müsstest Du besser die Zollwache fragen» antworte ich, und denke, dass dieses ganze Beamtentheater vielleicht einfach ein letztes Aufbäumen einer aussterbenden Berufsgattung war!»

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