Ursus & Nadeschkin

Tagebuch

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03.05.2009

Chaos in Concert

Chaos in Concert

© Sonntagsblick, 03.05.09 /kultur MUSIK

Auf dem Programm: Beethovens «Schicksalssymphonie». Die Camerata Schweiz spielt, Graziella Contratto dirigiert – bis Ursus & Nadeschkin die Konzertbühne in ihr aberwitziges Tummelfeld verwandeln

Die Cellistin trägt Bergsteigerschuhe, die Trompeter Blues-Brothers-Brillen und Dirigentin Graziella Contratto erscheint im Frack, mit Taktstock, aber zwei Plastiktüten um ihre Pumps.

Wir sind auf einer Baustelle, beim Aufrichtfest der ausgehöhlten Turnhalle der Zürcher Kantonsschule Hohe Promenade. Die beiden Komiker Ursus & Nadeschkin wollen zusammen mit dem 40-köpfigen Sinfonieorchester Camerata Schweiz Lust auf die Wiederaufnahme ihrer Produktion «Im Orchester graben» machen. Ab 15. Mai ist diese im Theater 11 in Zürich-Oerlikon zu sehen.

Und wie sie Appetit darauf gemacht haben! Der Oboist gibt unterm roten Bauarbeiterhelm den Kammerton an. Ein Bobcat- Minibagger mit dem italienischen Piloten Michele steht parat. Die ersten und zweiten Geiger sitzen da, die Bratschisten, die Holzbläser, und schon beginnt das berühmte «Tatata-taa» des ersten Satzes von Beethovens 5. Sinfonie in c-Moll. Doch bevor das Orchester im zweiten Satz zum Andante con moto kommt, wird es gestört: von den beiden Chaoten Ursus & Nadeschkin.

Die beiden stellen zusammen mit der «erbosten» Dirigentin Graziella Contratto (übrigens eine wunderbare Komödiantin) das Konzert auf den Kopf. Und klären ohne viele Worte die drängenden Fragen: Braucht ein Orchester überhaupt eine Dirigentin? Kann ein Orchester improvisieren? Welche Macht hat der Taktstock? Und, sorry, wer ist eigentlich dieser Beethoven? Dieser schwerhörige Ludwig (1770–1827), der, in Bonn (D) geboren, von den Österreichern zum Wiener gemacht wurde.

Keine Angst, hier kommen auch geschulte Ohren auf ihre Kosten. Zumal Klassik und Komik auf intelligente Weise zu einem neuen sinfonischen Gesamtkunstwerk gedrechselt werden.

Die Vorspeise auf der Baustelle in der Kantonsschule ist jedenfalls gelungen. Gerne wäre die Truppe in der Tonhalle aufgetreten. Doch die ist bis auf die Zeit von 17 bis 19 Uhr an Pfingstsonntag ausgebucht.

IM ORCHESTER GRABEN
15. bis 28. Mai 2009 Theater 11, Zürich www.orchestergraben.ch

(Text: Helmut-Maria Glogger/ Foto: Geri Born)

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