Ursus & Nadeschkin

Tagebuch

Hier findet man alle weiteren Tagebuch-Einträge

17.05.2014

In Berlin hat alles angefangen...

In Berlin hat alles angefangen...

Hier ein bisschen Notalgie:
wie alles angefangen hat mit PERLEN, FREAKS & SPECIAL GUESTS – ein Ausschnitt aus unserem Programmheft.

In Berlin hat alles angefangen. In einem kleinen, wohnzimmergrossen Theater, einer Kleinstkabarettbühne namens «Scheinbar». Dorthin wurden wir im Jahre 1989 von Künstlerkollegen, mit denen wir tags zuvor in Hamburg aufgetreten waren, mitgeschleppt und standen, bevor wir lange drüber nachdenken konnten, auf der 2x3-Meter-Bühne. Während den nächsten zwei Wochen waren wir Teil eines ständig wechselnden Variété-Programmes, in dem sich arrivierte Künstlerinnen & Künstler, Newcomer, junge Artistinnen, schräge Zauberer, dilettantische Stepptänzer und brilliante Moderatorinnen die Bühnenbretter teilten. Der Raum war so klein, dass oft mehr Leute auf der Bühne als im Publikum waren. Es wurde viel improvisiert, viel ausprobiert, rege ausgetauscht und meist war es bereits wieder hell, wenn man die «Scheinbar» verliess. Gage gab es keine, aber dafür tägliche Inspiration, viel Spass und ein offenes, wunderbares Publikum.
Wir sollten in den kommenden Jahren immer wieder viele Wochen in Berlin verbringen und lernten nach und nach noch ein Dutzend andere Variété-Bühnen kennen, die alle nach ähnlichem Prinzip funktionierten. Berlin war eine Insel, im wahrsten Sinne: Umgeben von der damaligen DDR, konnte man als Künstler nicht einfach mal kurz in die nächste Stadt fahren, sondern musste dafür immer weit reisen und so war es nur logisch, dass sich die Berliner Künstler ihre Tourneen in der eigenen Stadt zusammenstellten und die Theaterdichte darum hoch war.
In Berlin haben wir gelernt, was es heisst, einen Abend mit verschiedenen Acts zusammenzustellen, haben Lust gekriegt, solche Abende zu moderieren und haben erfahren, wie grossartig es sein kann, sich im Rahmen solcher Mix-Shows mit Bühnenkollegen auszutauschen und weiterzuentwickeln.

Die Liebe wird nicht kleiner, wenn man sie teilt, und genauso verhält es sich auch mit dem Erfolg: Wer begreift, dass das Zusammenspiel mit Kollegen beflügelt, wird in ihnen niemals die bösen Konkurrenten sehen. Und wer sich mit viel Talent umgibt, erweitert seinen Horizont, lässt sich zu noch mehr Leistung anspornen, lernt dazu und bleibt trotz wachsendem Erfolg auf dem Boden. Geteilt wird dann eben nicht nur der Applaus, sondern auch die Blamage.

Blöd nur, dass es so was in der Schweiz nicht gab. Wo sollten wir denn hier unsere Moderationsideen und die Lust, mit anderen Künstlern einen Abend zu gestalten, ausleben?
1990 haben wir begonnen, im Miller’s Studio in Zürich einen Abend mit unterschiedlichsten Künstlern und Künstlerinnen zu präsentieren, anfangs vier Mal pro Jahr, später in loserem Rhythmus. Als das Miller’s Studio aus allen Nähten zu platzen drohte, begannen wir unsere Tournee auf die ganze Schweiz auszudehnen. Aus dem anfänglich spontan zusammengewürfelten Abend wurde eine fünfwöchige Produktion, die durchschnittlich alle 2-3 Jahre mit gut zwanzig Leuten die grossen Bühnen der Deutschschweiz bespielt und das Publikum genau so begeistert wie uns selber.
Über 300 Künstler & Artistinnen standen seit den Anfängen mit uns auf der Bühne, und immer noch freuen wir uns jedes Mal wie Kinder, wenn sich der Tross von Neuem aufmacht und wir unserem Publikum unsere PERLEN, FREAKS & SPECIAL GUESTS präsentieren können: Künstler, denen wir selber Abend für Abend gerne von der Seitenbühne aus zuschauen, Künstlerinnen, die uns inspirieren und mit denen wir Lust haben, während 30 Shows die Bühne zu teilen!
Wir freuen uns, dass Sie hier sind und sich überraschen lassen!

PS: Die «Scheinbar» gibt es übrigens heute noch, und auch heute treten dort allabendlich schräge, skurrile, grossartige und dilettantische Künstler und Künstlerinnen auf. Gehen Sie hin, wenn Sie das nächste Mal in der Nähe sind. Und richten Sie schöne Grüsse aus!

Hier findet man alle weiteren Tagebuch-Einträge